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Das schwarze Gold des Gartens

29.06.2023 Judith Supper, Journalistin

Gartenbesitzer investieren alljährlich viel Geld, um Rasen, Rosen und Stauden zu düngen. Müssten sie nicht – würden sie kompostieren.

«Künftig wird kein Haushalt organische Abfälle mehr wegwerfen, sondern auf Systeme setzen, mit denen sich Kompost oder auch Biogas selbst produzieren lassen», erklärte die Zukunftsforscherin Karin Frick im November 2020 gegenüber dem Magazin «Pflanzenfreund». Dieses Szenario ist noch nicht eingetreten. Für jährlich 778 000 t bzw. 38 Prozent der gesamten Lebensmittelverluste sind in der Schweiz die Haushalte verantwortlich (Zahlen: BAFU). 27 000 t davon – Rüstgut, welkes Gemüse, ungekochte Speisereste – hätte man direkt im Garten kompostieren können.

Jedes Mal, wenn Kompostierbares als biogener Abfall entsorgt wird, vernichtet man für den Garten wichtige Nährstoffe. Wird das anfallende Material hingegen vor Ort in den Nährstoffkreislauf reintegriert, ist käuflicher Dünger nur noch für heisshungrige Pflanzen erforderlich, also im Gemüse- oder Obstgarten – wenn überhaupt.

Eigentlich ist es ein Wunder, dass Kaffee- satz, Blumensträusse oder pflanzliche Speisereste durch die Bodentruppe – Mikroorganismen, Pilze, Kompostwürmer, Tausendfüssler, Asseln und Myriaden anderer Lebewesen – so zersetzt werden, dass als Ergebnis feinkrümelige, nährstoffreiche, nach Wald duftende Humuserde entsteht. Nicht zufällig wird Komposterde als das schwarze Gold des Gartens bezeichnet. Denn wird es auf den Beeten ausgebracht, versorgt die Komposterde die Pflanzen mit Nährstoffen, Feuchtigkeit und stärkt sie gegen Krankheiten.

An heissen Tagen giessen

Doch das funktioniert nur, wenn die Bedingungen stimmen. Einmal der Standort: Ein halbschattiger bis schattiger, windgeschützter Standort ist ideal. Das zu kompostierende Material sollte man auf Fingerlänge zerkleinern, damit Mikroorganismen und Co. ihre Arbeit effizient verrichten können. Wichtig ist, niemals zu grosse Mengen eines einzelnen Materials anzuhäufen. Speziell Rasenschnitt darf nur dünn eingestreut werden, sonst besteht Fäulnisgefahr. Ausserdem benötigen die Mikroorganismen Dunkelheit – daher das Silo mit einer Decke oder Holzbrettern zudecken. Auch Feuchtigkeit ist essenziell. «Der Kompost sollte so feucht sein wie ein ausgedrückter Schwamm. An heissen Sommertagen sollte man ihn also giessen», erklärt Christian Henle vom Kompostforum Schweiz. 

Zwei Teile grün, ein Teil braun

Ebenso wichtig ist der Materialienmix. Je vielfältiger, desto besser – auch die Bodentruppe will nicht jeden Tag nur Pizza essen. Konkret geht es dabei um das Verhältnis von Kohlenstoff (C) und Stickstoff (N). «Für die Umwandlungsprozesse brauchen die Mikroorganismen, welche die Verrottung von organischen Abfällen zu Kompost durchführen, Sauerstoff, Wasser und Mineralien», erklärt Henle. «Für den Aufbau von körpereigenem Eiweiss für Wachstum und Vermehrung sind Stickstoffverbindungen (N) erforderlich, zur Aufrechterhaltung der Lebensprozesse Kohlenstoffverbindungen (C).» Das heisst: Das Mischverhältnis von holzigen, zellulosereichen Stoffen wie von Baumschnitt und frischem, grünem Material wie Rüstgut oder Rasenschnitt liegt idealerweise bei 30 : 1. «Auf 30 Teile Kohlenstoff fällt ein Teil Stickstoff», sagt Henle. «Praktisch umgesetzt heisst das, man mischt zwei Teile grünes, frisches, saftiges Material mit einem Teil verholztem, dürrem, grobem.»

Mögliche Kompostsysteme

Es gibt zahlreiche unterschiedliche Kompostsysteme. Klassiker sind Holzsilos oder mit (oder ohne) Lochplastik ausgekleidete Gittersilos. Auch mit Deckel verschliessbare Boxen gibt es. Bei viel anfallendem Material und ausreichend Platz kann man auch einen Kompostwalm errichten. Thermo- oder Schnellkomposter sind etwas besser isoliert, müssen aber für genügend Luftzufuhr mit Schlitzen in den Seitenwänden ausgerüstet sein. Werden alle Pflegemassnahmen umgesetzt, kann eine Heissrotte entstehen, die das eigentliche Ziel des Kompostierens ist. Dann können Temperaturen von bis zu 70 Grad erreicht werden, wodurch der Zersetzungsprozess Krankheitserreger absterben.

Für eine vierköpfige Familie in einem Reihenhaus mit kleinem Garten empfiehlt die Stadt Langenthal ein Behältervolumen, das mit weniger als 1000 Litern pro Jahr befüllt wird. Empfehlenswert sind zwei Behälter à 400 bis 600 Liter. Bei grösseren Gärten erhöht sich die Menge auf 800 bis 1200 Liter und mehr.

Problemmaterialien

Bei Zitrusfrüchten und Bananen herrscht oft Unsicherheit. «Unsere Empfehlung: Sie gut zerstückelt und nur gemischt, also als zwei von vielen Bestandteilen, auf den Kompost geben», erklärt der Fachmann. Weitere Problemmaterialien sind gekochte Lebensmittel, die Ratten anlocken können. «Wenn Fleisch, dann nur gekochtes und in kleinen Mengen wegen des hohen Salzgehalts. Man sollte es ohne Flüssigkeit sofort vermischen und in den Rottekörper einarbeiten.»

Von Schädlingen befallene Pflanzenteile dürfen nur in solche Silos, in denen Heissrotte abläuft, wo die mikrobielle Aktivität also optimal verläuft. Pflanzenteile, die von hartnäckigen Pilz- oder Viruskrankheiten wie Kohlhernie, Himbeer-Rutenkrankheit, Weich- und Krautfäule oder Monilia befallen sind, müssen im Kehricht entsorgt werden. Auch Wurzelunkräutern wie Giersch, Ackerwinde oder Quecke ist der Gang auf den Komposthaufen untersagt.

Was darf ich kompostieren?

Aus der Küche:

  • Rüstabfälle von Gemüse und Obst
  • Kaffeesatz und Teekraut inklusive Filterpapier
  • Eierschalen
  • Tiermist von Pflanzenfressern
  • Schnittblumen und Topfpflanzen
  • Pflanzliche Speisereste

Aus dem Garten:

  • Rasen- und Wiesenschnitt
  • Laub, Stroh, Strauch- und Baumschnitt
  • Blumen- und Gemüsestauden
  • Jät / Wildkräuter
  • Fallobst und verdorbenes Obst
  • Sägemehl oder -späne von unbehandeltem Holz
  • Federn, Haare
  • Artikel aus biologisch abbaubaren Werkstoffen (BAW)
  • Kompostbeutel, die der Norm EN 13432 entsprechen

 

Haben Sie Fragen zum Kompostieren?
Auf der Website des Kompostforums Schweiz finden Sie Antworten sowie eine Kontaktmöglichkeit. Der Fachverband setzt sich für die Vermeidung von Grüngut als Abfall bzw. für dessen Verwertung ein.